Archiv für das Jahr: 2010

Unaufhaltsam unterwegs

Diplomaten sind ja nicht nur dafür da Kaffeeklatsch über andere Regierungen an die eigene weiter zu tratschen (Siehe die Enthüllungen von Wikileaks). Zumindestens <Eiserne> Botschafter nicht. Schöner als der Photograph Ludwig Rauch kann man unseren diplomatischen Auftrag gar nicht beschreiben: „Doch jetzt bin ich >Eiserner<Botschafter  und trage unsere Verbalbotschaft zu all den Menschen die mir auf meinen Dienstreisen oder in Berlin begegnen.“ Die Verbalbotschaft ist klar. Da wir irgendwie in einer visuellen Welt leben, müssen unsere Diplomaten aber auch von weitem schon erkennbar sein. Und auf Photos. Dazu dient in diplomatischer Tradition eine Flagge mit dem Namen „Der bissige Unioner“. Diese Flagge ist vielen auch als Eckfahne bei jedem Heimspiel des 1. FC Union bekannt. Und die <Eisernen> Botschafter wurden schon weltweit bei ihrere Mission an den Flaggen erkannt – z.B Mathias und Nicole beim Schnorcheln auf den Seychellen mit lieben Neujahrsgrüßen in die Heimat.

Nicht aufzuhalten…

werden die <Eisernen> Botschafter auch im Jahr 2011 sein – noch nicht mal von Schnee und Eis… und bis dahin wünschen wir Euch: Frohe Weihnachten und `nen guten Rutsch.

Photo: Matti Michalke

Wie sehen uns beim Heimspiel gegen Alemania Aachen wieder. Dieses Spiel findet am 14.01.2011 um 18 Uhr – einem Freitagabend statt. Die Räume der Botschaft (Gutenbergstraße 32, 12557 Berlin) stehen Euch also wieder ab 14 Uhr zur Verfügung.

Der erste „Kreativhelm“ – Träger ist Tobias Hänsch

Die >Eisernen< Botschafter vergeben 2010 erstmals die Auszeichnug des „Kreativhelms“.

Der erste Preisträger ist der freie Photograph Tobi Hänsch (www.unveu.de ), der sich seit 2003 mit seinen Photographien zu einem Bindeglied zwischen Mannschaft, Verein und den Fans, weit über die Vereinsgrenzen hinaus, verdient gemacht hat.

Vergeben wird der Preis jährlich an Menschen im Umfeld des 1. FC Union, die meist ehrenamtlich und verbindend über die Vereinsgrenzen hinaus, für unseren Club Brücken bauen. Gestaltet  wird der jährlich zu vergebende Preis vom Deutschen Pop-Art Künstler andora (www.andoraworld.com ). Tobi Hänsch wird der „Kreativhelm“  durch andora persönlich übergeben. Die >Eisernen< Botschafter meinen: Das gemeinsame Weihnachtssingen – am 23.12. –  ist genau der richtige Zeitpunkt und Ort, den Preis erstmals und zukünftig zu vergeben.

Die Botschafter stellen sich vor: Ludwig Rauch

Photo: Matti Michalke

Wir Berliner Jungs waren bereits mit 13/14 Jahren allein bei Union, damals in den 70ern ging es oft hart zur Sache, so hart das wir uns später zurückzogen. Union bleibt für immer im Herzen doch ich jahrelang unserem Stadion fern.

Fast dreißig Jahre habe ich gebraucht um zurückzukehren. Aber nicht der Einzug in den Europapokal oder andere Heldentaten unserer „Eisernen“  haben mich zurückkehren lassen.

Es war die Geschichte der Stadionsanierung, die dann doch wie ein Neubau mit dem alten Herzblut wurde, die Faszination für diese über 2000 Freiwilligen die zwei Sommer und einen fürchterlichen Winter gebaut haben, haben es mir mehr als leicht gemacht mich wieder zuhause zu fühlen.

Nie hatte ich ein öffentliches Amt, nie eine Funktion oder Mitgliedschaft in irgendeiner Organisation. War einmal Elternvertreter in der Schule meines Sohnes. Doch jetzt bin ich >Eiserner<Botschafter  und trage unsere Verbalbotschaft zu all den Menschen die mir auf meinen Dienstreisen oder in Berlin begegnen.  Hier lässt sich Fußballbegeisterung nicht abtrennen, hier ist Fußballbegeisterung auch soziales Miteinander.  Und das ist wahrlich Eisern. MM

Ludwig Rauch (www.ludwig-rauch-fotografie.de) ist Photograph, Lichtbildner, Fallschirmspringer und >Eiserner<Botschafter.

Die Botschafter stellen sich vor: Manuel Kranert

Photo: Ludwig Rauch

Ich lebe seit 45 Jahren in Berlin-Köpenick –  tatsächlich „ um die Ecke“  und bin mit 50 Jahren erstmals zu Union in die Alte Försterei gegangen.

Bei uns zuhause war Union kein Thema , mein schwer akademischer Vater hielt zum FC Bayern . Sicher war, er hätte uns Jungs niemals zu Union gelassen. Zu rau und rüde ging es dort seiner Aufassung nach zu.  Herthas BSC dass wäre wohl gegangen, wenn da nicht die Mauer gewesen wäre oder die bundesdeutsche Nationalmannschaft, aber das war dann wohl auch nix für uns.

Erste Annäherung beim Spiel gegen St. Pauli und dann doch Hertha BSC , diesmal 2010 im Stadion An der Alten Försterei , ohne meinen „ alten Herren“ fragen zu müssen –  ein versöhnliches 1:1 zum Ende.

Und keine meiner erwarteten Befürchtungen hat sich bestätigt. Im Gegenteil ich habe interessante, tolerante und aufgeschlossene Menschen getroffen, >Eiserne< Menschen  mit dem Herzen am rechten Fleck und immer einem flotten Spruch auf den Lippen .

Jetzt jedoch habe ich etwas nachzuholen, Erfahrungen zu sammeln, Geschichten zu hören und diese zu bewahren , Bilder im Kopf und auf Fotopapier machen und zu lernen was dieses unvergleichliche EISERN UNION ausmacht. Aus diesem Grund bin ich ein >Eiserner<Botschafter geworden und arbeite von nun an im Verein mit.

Wenn ich heute einen 12-jährigen Sohn hätte , der zu Union gehen wollte, gäbe es für mich keine Frage. „Los Junge zieh die dicke Jacke an, wir laufen rüber zur Alten Försterei …. wenn Du magst nimm die Fahne mit …..“. MM

Manuel Kranert ist Photograph, Reprograph, Köpenicker und Botschafter.

Die Botschafter stellen sich vor: Erik Jullander

Photo: Ludwig Rauch

Schon immer war ich beim Fußball , viele Jahre jedoch beim IF Elfsborg Borås – meinem schwedischen Heimatverein.  Und dann Berlin. Es war das Jahr 2006. Das Jahr der Weltmeisterschaft in Deutschland. Schweden spielte in Berlin und ich konnte dabei sein. Lernte ein bißchen Berlin kennen und verliebte mich in Anni.  Von nun an kam ich wieder und wieder.  2007 im Jahr nach der Fußball WM in Deutschland, kam ich für ein halbes Jahr nach Berlin und bekam Besuch von einem Freund aus Schweden der mit mir zum Fußball wollte.

Hertha BSC hatte ein Auswärtsspiel , die zweite Liga gleich gar kein Berliner Team , also kamen wir auf Union Berlin in der Regionalliga. Und was war das: Ganz nah waren wir dem Spielfeld, den Spielern, den Fußballfreunden , den älteren Unionern hinter uns auf den Stehplätzen, die uns wirklich alles geduldig erklärten und diese 8 Tore ( 4:4 …. gegen Rot-Weiß-Ahlen ) dass war Fußball pur. Das war genau das, was wir gesucht hatten!

Mein Freund fuhr zurück nach Schweden, ich fuhr allein raus nach Köpenick in die Alte Försterei. Wieder zuhause konnte ich meinen Redaktionsleiter  überzeugen  für unsere Zeitung einen längeren Bericht über den Stadionbau und die Stadionbauer zu schreiben. Ich lernte Rainer und  Rolli kennen, kam wieder und wieder nach Berlin, hatte mich hier verliebt zuerst in Anni und dann  in den 1. FC Union Berlin und bin nun  >Eiserner<Botschafter geworden. MM

Erik Jullander ist Fußballfreund, Journalist, Alter Schwede und >Eiserner<Botschafter.

Die Botschafter stellen sich vor: Matti Michalke

Photo: Ludwig Rauch

Das Spiel, an das ich mich am klarsten erinnern kann, ist das Spiel von dem ich am wenigsten gesehen habe. Es war das Nebelspiel gegen Eintracht Frankfurt 2002. Im damaligen Block J auf der Waldseite konnte ich mit großer Mühe den jeweiligen Torhüter im Zuckertor erkennen. Zunächst waren wir irritiert. Das hatte doch mit Fußball nichts zu tun. Die Irritation wich dann immer mehr einem Sarkasmus, als klar wurde, dass der Schiedsrichter das Spiel nicht abpfeift. Wobei der Schiedsrichter während des gesamten Spiels nicht zu erkennen war. Wie das Spiel ausging weiß ich nicht, da ich ja nichts gesehen habe.

Zu Union hat mich mein Opa Fritz das erste Mal mitgenommen. Das war 1976. Ich war da gerade zwölf Jahre alt. Vorher war ich einige Male bei Dynamo gewesen. Das hat mein Opa mitbekommen. „Wenn Du Fußball erleben willst, musst Du zu Union kommen.“ Mein Opa war damals bekannt, weil er immer mit dem Taxi zum Stadion gefahren ist. Und das in der DDR, wo ein Auto schon etwas besonderes war. Er nahm mich jedenfalls mit zum Spiel gegen Stahl Riesa. Im Stadion angekommen hat er sich gar nicht mehr um mich gekümmert, sondern nur um das Spiel. Aber er hatte ja auch Ahnung von Fußball. Nicht wie ich. Von da an bin auch alleine in die Alte Försterei gegangen.

Es gab auch Jahre ohne Union. Als andere Dinge wichtig wurden. Bei der Armee wurde ich wieder richtiger Unioner. Und das ohne ein einziges Spiel gesehen zu haben. Die haben mich nach Thüringen geschickt. Und dort war ich der einzige Berliner. Das war dann meine Reaktion darauf.

Ich habe bis heute keine Ahnung von Fußball, also von taktischen Aufstellungen und so. Stattdessen genieße ich die Situation, dass im Stadion Fußball stattfindet. Das ist auch der Grund, weshalb ich zu Union gehe. Ich könnte gar nicht woanders hingehen. Keine Ahnung von Fußball und obendrein bin ich auch parteiisch. Da bin ich völlig unzurechnungsfähig. Denn ich bin immer für Union. Die Mannschaft hat in meiner bisherigen Zeit bestimmt mehr Spiele verloren als gewonnen. Aber ich glaube immer an Union.

Matti Michalke ist Buch- und Großbildmacher, Vorleser, Illustrator und [Eiserner] Mensch.

Stück der Woche – „the day before“

Vor jedem Heimspiel des 1. FC Union öffnet die `Eiserne Botschaft` und  wir möchten Euch in der Rubrik `Stück der Woche` nicht jede Woche (klingt halt irgendwie gut) aber regelmäßig ein Exponat unserer Sammlung vorstellen. Nicht nur – auch wegen des `Stücks…` lohnt es sich vorbeizukommen und reinzuschauen.

„the day before“ – Temporäre Installation historischer Zeitzeugnisse, Matti Michalke (2009)

Wissenschaftler sprechen im geschichtlichen Kontext eines Ereignisses oder einer Zeitenwende oft vom ‚Vorabend‘. Wir kennen den Vorabend der französischen Revolution. Wissen aber meist nicht, wann so ein Vorabend zeitlich einzuordnen ist. Wann war denn nun der Vorabend der friedlichen Revolution in der DDR. Am 08. November, 03. November oder am 04. September 1989  – dem Tag vor der ersten Montagsdemonstration in Leipzig? Natürlich ist hier nicht vom wörtlichen Sinn auszugehen. Der ‚Vorabend‘ meint einen von Historikern definierten Zeitraum, in dem alle wichtige Faktoren zeitlich eingeordnet wurden, die das Ereignis auslösten.

In unserem Fall meint der Vorabend wirklich den Vorabend – den Vorabend eines Ereignisses, das in der Geschichte des 1. FC Union eine Zeitenwende bedeutete. Am 07. Juli des Jahres 2009 um 19.00 Uhr trafen sich drei Menschen, Matti Michalke, Andora und Sascha Mase, in der Fankneipe Abseitsfalle. Dieser Ort – an dem sich einen Tag später hunderte von Menschen drängen würden – war einsam und verlassen. Erinnerungen, Erwartungen,  Ängste und Träume betimmten die Gespräche der drei. Am darauf folgenden Tag sollte das modernisierte Stadion An der Alten Försterei wiedereröffnet werden. Der ‚Aufbruch in eine neue Zeit‘  meint nicht den sportlichen Aufstieg, sondern die prägende Kraft, die durch das ehrenamtliche Engagement von freiwilligen Stadionbauern freigesetzt wurde. Menschen, die die Modernisierung der altehrwürdigen Sportstätte bewerkstelligten. Und das alles in Zeiten des individuellen Vorteils und Konsums.

Ab 22.30 Uhr beim anschließenden Rundgang im Stadion konnte bei allen drei Beteiligten ein unvergessenes Stimmungsbild entstehen. Fans der Ultragruppierung bei den letzten Handgriffen zur Vorbereitung ihrer Choreografie; Pressesprecher Christian Arbeit, der gefühlt das 24. australische  Fernsehteam durch die Sportstätte führt; ein Catering-Chef, der die letzten Versorgungscontainer mit Grillfleisch bestückt; besenkehrende Frauen  – Menschen scheinbar kurz vor einem Burnout-Syndrom.

Die Installation „the day before“ besteht aus drei Gegenständen, die an den Vorabend des 08. Juli 2009 erinnern. Die Rechnung der oben beschriebenen Zeche in der Abseitsfalle – signiert von den beiden Barfrauen Katrin und Jessy – vervollständigen zwei Bohrkerne. Die Bohrkerne stammen aus dem Beton einer Stadionstufe an der sogenannten Waldseite der `Alten Försterei`. Die Bohrung wurde am Abend des 07. Juli 2009 vorgenommen, um ein käfigförmiges Geländer einzubringen. Auf diesem Geländer stehen  die Capos der Ultrabewegung mit dem Rücken zum Spielfeld, um mit Hilfe von Megaphonen den Chor der stimmengewaltigen Gruppierung zu koordinieren.

Botschaftsgarten eröffnet

Dank einer großzügigen Pflanzenspende von Rainer aus Rathenow und dem tatkräftigen Einsatz von Rainer, Chris, Kai, Erik und Andora ist unser umfangreicher „Botschaftsgarten“ angelegt worden.

Besucher gab es auch. Heute unter anderem bei uns Rolf „Rolli“ Weber und eine Gruppe schwedischer Journalisten und Fußballfreunde.

Später dann auch Fußball. Ein 1:1 gegen den FC Erzgebirge Aue, mit dem Gefühl, das mehr drin war.

EISERN!

Stück der Woche – „Mäckis letzte Suppe“

Vor jedem Heimspiel des 1. FC Union öffnet die `Eiserne Botschaft` und  wir möchten Euch in der Rubrik `Stück der Woche` nicht jede Woche (klingt halt irgendwie gut) aber regelmäßig ein Exponat unserer Sammlung vorstellen. Nicht nur – auch wegen des `Stücks…` lohnt es sich vorbei zu kommen und reinzuschauen.

„Mäckis letzte Suppe“ – Skulptur, Andora (2007)

Erst zehn Jahre später erfuhr der Popart-Künstler Andora in seinem Wiener Künstler-Exil vom tragischen Tod eines seiner Jugend-Idole. Reinhard „Mäcki“ Lauck starb bereits am 22. Oktober 1997.  Lauck war Olympiasieger, Union-Pokalheld von 1968 und ließ bei der Weltmeisterschaft 1974 die späteren Weltmeister Overath und Netzer „alt“ aussehen. Und doch war sein Leben tragisch. „Er war ein Arbeiter. Er war ein guter Kerl. Er war ein Berliner Fußballer. Solche wie ihn gibt es heute nicht mehr. Jedenfalls nicht in zusammengekauften Gurkentruppen wie Hertha BSC.“ – schrieb der  Spiegel-Essayist Alexander Osang in einem Nachruf in der Berliner Zeitung. Und doch wechselte er zum verhassten Gegner.

Erschüttert durch die verspätete Botschaft, startet in Andora´s Kopfkino ein Film über die eigene Jugend. Hauptdarsteller: Ein pubertierender vierzehnjähriger Fußballanhänger des 1. FC Union Berlin Anfang der 70er Jahre. Alkohol und Gewalt. Haltlosigkeit und familiäre Entwurzelung. Inspiriert durch die Erinnerung an die eigenen Gefühle in Andoras jungen Jahren entstand dieses Werk, das an Mäcki Lauck`s Weggang von Union im Jahr 1973 bis zu seinem Tod „auf der Straße“ im Jahr 1997 erinnern soll.

Die Skulptur besteht aus zwei Gegenständen, die – vom Künstler bemalt – zum Artefakt werden. Auf einer Puppen-Skulptur mit dem Konterfei eines Buben steht eine 0,5 Liter fassende Bierbüchse. Die Puppenskulptur ist aus Pappmaché und wurde im Berlin der 20er Jahr hergestellt. Andora erstand diese auf einem Flohmarkt in Wien. Die Bierbüchse – auf dem der Schriftzug „Union“ erkennbar ist – stammt aus der gleichnamigen Brauerei in Ljubljana/ Slowenien.

Und das sagt der Künstler zu seinem Werk: Andora am 26.09.2010.

[audio:https://www.eiserne-botschafter.com/wp-content/uploads/2010/10/EiBo-Andora_MäckisletzteSuppe.mp3|titles=Andora zu „Mäckis letzte Suppe“]